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Vor f?nfzig Jahren: Afrikanisches Unabh?ngigkeitsjahr
#1
Jubil?en haben ein Gutes. Sie sind wenigstens ein vor?bergehender Anlass, sich Themen zuzuwenden, die ansonsten eher vernachl?ssigt werden. Afrika gilt als "verlorener Kontinent" und auch als vergessener Kontinent. Vor f?nfzig Jahren wurden die meisten der 54 aktuell bestehenden Staaten unabh?ngig. Frankreich, die wichtigste Kolonialmacht auf dem schwarzen Kontinent, entlie? fast alle Festland-Territorien in die Selbst?ndigkeit. Den Anfang bildete Guinea, dessen sp?terer Diktator Sekou Toure sich einen heftigen Schlagabtausch mit Charles de Gaulle lieferte. Das Konzept einer Dachgemeinschaft francophoner L?nder scheiterte. Gro?britannien schloss sich dem franz?sischen Beispiel an und entlie? seine Besitzungen in die Souver?nit?t - mit Ausnahme S?drhodesiens, dort ergriffen wei?e Siedler die Macht, die sich einseitig vom "Mutterland" lossagten.

Im Jahre 1975, nach der Nelkenrevolution, zog sich auch Portugal aus seinen Kolonien zur?ck. Wenig sp?ter trennte sich S?dafrika von der Apartheid und von dem treuh?nderisch verwalteten Namibia. Als schlie?lich auch die s?dhrodesischen Rassisten aufgaben, war die afrikanische Unabh?ngigkeit vollendet - jedenfalls formell.

Ein Blick auf den Atlas l?sst jedoch bereits ein Problem erkennen, das Ausgangspunkt von Grenzkriegen und B?rgerkriegen werden sollte: Die Staatsgrenzen sind scheinbar mit dem Lineal gezogen, sie haben die koloniale Verwaltungswillk?r einfach fortgeschrieben. R?cksicht auf die ethnischen und nationalen Verh?ltnisse wurde nicht genommen. Bestandteil des kolonialen Erbes waren jedoch auch andere Missst?nde. An erster Stelle ist die ?konomische R?ckst?ndigkeit zu erw?hnen. Afrika findet den Anschluss an die Weltwirtschaft, und das Gef?lle hat sich seit dem Unabh?ngigkeitsjahr eher versch?rft als gemildert.
Worin bestehen die Ursachen?

Die westliche Sicht neigt dazu, die Ursachen zu "afrikanisieren". Korruption und Kriege, Misswirtschaft und Diktaturen seien als massgeblichen Faktoren f?r die afrikanische Misere verantwortlich.
Ein historischer R?ckblick offenbart, dass vor Ankunft der ersten europ?ischen Konquistadoren eine Vielzahl afrikanischer fr?hfeudaler Staaten existierte - mit einer einzigartigen Kultur, mit einer Produktivit?t und funktionierenden Infrastrukturen, die Selbstversorgung und Entwicklung durchaus erm?glichten. Diese Staaten - stellvertretend seien die Hausse- und Fulbe-L?nder, Monomotapa, Benin, Kongo oder das Sokoto-Reich genannt - waren aus eigener Kraft lebens- und entwicklungsf?hig. Die Europ?er haben die Infrastrukturen zerschlagen, den alten sozialen Zusammenhang aufgel?st und den Besitz nach eigener Facon umgestaltet. Sie implantierten Strukturen, die unvertr?glich mit den Erfordernissen und Verh?ltnissen vor Ort waren. Das weckt ?brigens Parallelen zur Aktualit?t (Irak, Afgahnistan). Der Westen hat nichts gelernt.

Nach ihrem Abzug hinterlie?en die Kolonialm?chte einen ?konomischen wie politischen Scherbenhaufen. Monokulturen, Bildungsr?ckstand und auch die soziale Erosion. In den aufgegebenen L?ndern bestanden weder eine Oberschicht noch eine Mittelklasse. Folgerichtig musste das Vakuum durch das Milit?r ausgef?llt werden, das in fast allen L?ndern Schwarzafrikas zum bestimmenden politischen Faktor wurde. Die Folgen bestanden in politischer Instabilit?t, in Despotie, ?konomischer Inkompetenz und permanenter Kriegsneigung. Auch die Korruption soll nicht vergessen werden. Der Westen hat im Waffengesch?ft an den Kriegen mitverdient, die Korruption war den Rohstoffkonzessionen recht hilfreich und die vielgepriesene Entwicklungshilfe war in Wirklichkeit kontraproduktiv. Denn der Leitgedanke von Subsidiarit?t (Hilfe zur Selbsthilfe) wurde nicht durchgesetzt. Regelm??ige Nahrungsg?terimporte zerst?rten den Anreiz, eine autarke Agrarwirtschaft zu erhalten oder aufzubauen, trotz unkontrollierten demographischen Wachstums h?ngt Afrika dauerhaft am Tropf der ersten Welt. Der Zugang zu den Weltm?rkten ist und bleibt den Afrikanern versperrt - mangels Eigenkapital, aufgrund un?berwindlicher Monopolstrukturen und wegen der noch immer bestehenden protektionistischen Schranken. Im W?rgegriff ?konomischer Abh?ngigkeit, als billige Rohstofflieferanten oder als Deponien f?r ausgelagerte Abf?lle fest in die Weltwirtschaft eingebunden, wird Afrika den Teufelskreis aus eigener Kraft nicht ?berwinden k?nnen. Dabei existieren durchaus Beispiele des Erfolgs, die das afrikanische Potential belegen: Botswana ist hier zu nennen, ein Staat, in dem die Korruption niedriger ist als in Deutschland. Oder Namibia, das eine Politik vorbildlicher Rassentoleranz betreibt. Oder schlie?lich Mocambique, das in den letzten Jahren bewundernswerte Anstrengungen unternimmt, um der Armut zu entkommen. Doch das sind Ausnahmebeispiele.

Demokratien im westlichen Sinne sind auf dem schwarzen Kontinent kaum anzutreffen, daf?r die dienst?ltesten Staatsoberh?upter der Welt. Muammer el-Gaddafi h?lt mit 41 Jahren Dienstzeit den Rekord, Mubarak in ?gypten, Ben Ali in Tunesien, el-Bashir im Sudan, Museveni in Uganda, dos Santos in Angola folgen ihm dicht auf den Fersen. Die Genannten sind noch halbwegs ertr?gliche Figuren, aber man hat kennt auch die schlimmen Beispiele. Unter den schwarzen Caligulas befinden sich Idi Amin (Uganda), Kaiser Bokassa (Zentralafrik. Republik), Mengistu aus ?thiopien, der afrikanische Stalin sowie Mobutu aus Zaire (heute Kongo), der der Korruption eine neue Dimension verlieh.

Diese unr?hmlichen Figuren sind es, mit denen der halbgebildete, aber vollzivilisierte Europ?er Afrika assoziiert. In einer Mischung aus Unkenntnis und Desinteresse fallen ihm, wenn er das Wort Afrika vernimmt, nur Asyl, Migration und Prostitution ein. Es ist eine neue Form von Rassismus - durch Passivit?t und Ignorieranz, doch unter der Tarnung von political correctness wirkt die alte Diskriminierung unvermindert fort. Zivilisatorischer Fortschritt hat sich im Wandel der Begriffe ersch?pft, hat nicht den Wandel der Verh?ltnisse bewirkt.

Das gilt auch f?r die Hoffnungstr?ger von einst. Muammer el-Gaddafi, der einst einen K?nig st?rzte unter der Losung von Revolution und islamischem Sozialismus, sieht sich heute selbst als K?nig - als K?nig von Afrika. Und auch in seinem Lande scheinen die Weichen gestellt. Amt und Macht werden in den H?nden der Familie bleiben.

Aus diesem objektiven Befund ergeben sich Konsequenzen, die beunruhigend und unangenehm, aber unvermeidlich sein werden. Der Schl?ssel zur L?sung des afrikanischen Problems liegt nicht in Afrika.

Die Darlegungen waren sehr umfangreich, doch das entspricht dem Spektrum der Thematik. Und ich habe es als hilfreich angesehen, einige Eckpunkte schon recht konkret anzurei?en.
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